Energie
So gelingt der Spagat zwischen Landschaftsschutz und Energiewende
Die Schweizer Bevölkerung hat sich in mehreren Volksabstimmungen klar für den Ausstieg aus der Atomenergie und den fossilen Energieträgern ausgesprochen. Damit wir den Übergang zu den erneuerbaren Energien gut schaffen, und die Versorgungssicherheit mit ausreichend Energie zum richtigen Zeitpunkt gewährleisten können, ist das Engagement aller Beteiligten erforderlich. Die Naturpärke der Schweiz können dabei eine bedeutende Rolle als Impulsgeber und Vermittler spielen.
Fabienne Thomas
Seit dem Entscheid zur Energiestrategie 2050 im Jahr 2017 bewegen wir uns auf dem Weg der Energiewende, weg von fossilen Energien hin zu erneuerbaren. Die Notwendigkeit, die Klimaziele zu erreichen und rasch aus der Atomenergie auszusteigen, ist in der Schweiz in den vergangenen Jahren immer klarer geworden. Um dies zu schaffen, müssen auch wir hierzulande unseren Beitrag leisten, die Potenziale der Energieeffizienz konsequent nutzen, und den Anteil erneuerbarer Energien kontinuierlich erhöhen. Insbesondere für die Monate Februar und März ist es aus nationaler Sicht entscheidend, mehr Strom bereitzustellen.
Nun stellt sich die Frage, wie wir dies am besten bewerkstelligen. Klar ist, dass wir mit der Nutzung bestehender Dach- und Infrastrukturflächen bereits ein grosses Potenzial zur Bereitstellung von Sonnenenergie nutzen können. Dies allein wird aber nicht reichen, um den für die Zukunft prognostizierten Verbrauch vollständig zu decken. Wir werden daher nicht darum herumkommen, die Energieproduktion auch in Räume auszuweiten, welche bisher hierfür noch nicht genutzt worden sind: Windexponierte Lagen, südorientierte alpine Hänge und Felsbecken. Nutzungskonflikte sind damit vorprogrammiert. Doch wie können wir diese möglichst gut lösen?
Park koordiniert und berät
Als sinnvoll erweist sich in jedem Fall der Weg, den der Naturpark Gruyère Pays-d’Enhaut eingeschlagen hat: Ausgangspunkt ist die grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Thema Energie im Park - über Sensibilisierung, Information, Beratung, sowie die Umsetzung verschiedener konkreter Projekte. Der Park geht hier mit gutem Beispiel voran. Die frühzeitige Bildung einer Kommission, die sich intensiv mit der Bereitstellung und effizienten Nutzung erneuerbarer Energien beschäftigt, stellt eine wichtige erste Grundlage dar. Ebenso entscheidend ist jedoch, dass sich der Park das notwendige Know-how sichert, um nicht nur koordinierend, sondern auch beratend wirken zu können. Die vom Park eingesetzte Fachperson für erneuerbare Energien konnte bereits Vieles beitragen und zusammen mit den lokalen Akteuren umsetzen.
Mit dem Ziel, eine Energieregion zu werden, hat der Park die Chance gepackt und ist mit der Umsetzung verschiedener Projekte gestartet. Als Basis wurde eine Energiebilanz über alle Parkgemeinden erstellt. Danach wurden die Gebäude der Gemeinde mit Blick auf energetische Optimierungen und Sanierungen analysiert, Gruppenausschreibungen für die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Dachflächen initiiert, Informationen zu Zusammenschlüssen für den Eigenverbrauch zusammengestellt sowie Abklärungen zu Biogasanlagen gemacht, etc. Auch engagiert sich der Park unterstützend, wenn kleinere Gemeinden Energiestrategien erarbeiten möchten und er berät die Gemeinden, um die nächtliche Beleuchtung zu reduzieren.
Gute Gesprächskultur ermöglicht Kompromisse
Auch wenn im genannten Park bislang keine grosse Anlage in der freien Landschaft gebaut wurde – die Tatsache, dass die Menschen, welche in einer bestimmten Region leben, bereits für die Wichtigkeit der lokalen Bereitstellung erneuerbarer Energie sensibilisiert sind, ist mit Sicherheit eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen eines solchen Projektes. Mit einer gut etablierten Gesprächskultur können in der Regel Kompromisse bezüglich genauen Standortes, der Art, Grösse sowie Ausrichtung einer Anlage gefunden werden. Es gibt so die Möglichkeit, auf Basis gemeinsam definierter Kriterien die besten Standorte für die effizientesten Anlagen zu finden – mit dem Ziel, möglichst viel gut nutzbare Energie bei möglichst wenig Eingriff in Natur und Landschaft zu generieren.
Wenn man in der Projektentwicklung zu einem frühen Zeitpunkt aufeinander zugeht und die betroffenen Kreise abholt, sind die Chancen grösser, gute Lösungen zu finden. Die Schweizer Naturpärke können in dieser Thematik eine wichtige Rolle spielen. Sie verfügen über die räumlichen Voraussetzungen für den Bau von Anlagen erneuerbarer Energien, sowie an vielen Orten über die notwendige Infrastruktur. Ihre Vertreterinnen und Vertreter verfügen über wichtiges Know-how zu den lokalen Gegebenheiten, sowie das lokale Netzwerk zu den Schlüsselpersonen. Sie sind es gewohnt, koordinierend zu wirken und innerhalb von Spannungsfeldern passende und pragmatische Lösungen zu finden, mit denen schliesslich alle Beteiligten und Betroffenen einverstanden sein können.

Fabienne Thomas
© Nikkol Rot
Fabienne Thomas
Leiterin Politik, aeesuisse - Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz




