Nachwort
Möglichkeiten und Grenzen der Schweizer Pärke
Stefan Müller-Altermatt
Die Schweizer Pärke sind Modellregionen der Nachhaltigen Entwicklung. Was nach Floskel klingt, ist weit mehr als das, nämlich ein klarer Auftrag an die Pärke. Die Pärke sollen sich in allen drei Nachhaltigkeitsdimensionen vorbildlich entwickeln, wegweisende Projekte umsetzen und diese dann auf den Rest der Schweiz übertragen. Die Beiträge in diesem Weissbuch zeigen, dass sie das nach Kräften und durchaus erfolgreich tun, dass sie aber auch an ihre Grenzen stossen.
Die Schweizer Pärke sind für ihre Regionen wertvolle Akteure, um der Abwanderung und den wirtschaftlichen Schwächen entgegenzutreten. Sie bringen nicht nur Wertschöpfung in wirtschaftlich oftmals nicht privilegierte Regionen, sondern insbesondere auch Wertschätzung. Es ist kaum Zufall, dass dieser Aspekt in Ernst Landolts Beitrag zur Landwirtschaft prominent auftaucht. Die Pärke können die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft via Produkte und Projekte hinaustragen, so als Brückenbauer zwischen Stadt und Land dienen und der Geringschätzung der landwirtschaftlichen Tätigkeit entgegenwirken.
Damit ein Park zudem, wie von Maya Repele gefordert, als «Zukunftspark» fungieren und gleichzeitig, wie von René Amstutz verlangt, grosse Würfe im Naturschutz machen kann, braucht es mehr als nur Anstossfinanzierungen. Die Schweizer Pärke benötigen eine stabile, langfristige Finanzierung, um ihr volles ökologisches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Potential ausspielen zu können.
Die von Christian Bernasconi beschriebenen Initiativen, mit denen die Pärke die Besonderheiten ihrer Region präsentieren, strahlen zwar zu den Besucherinnen und Besuchern sowie zu den Einheimischen aus. Um jedoch in der breiten Bevölkerung ein Verständnis für die Pärke zu erreichen, müssen ihre Aufgaben und Leistungen in den Schulen thematisiert werden. Noch viel mehr aber soll sich die Art und Weise, wie in den Pärken Wissen vermittelt wird, etablieren: In der Schweiz muss es (wieder) eine Selbstverständlichkeit sein, dass man in und von der Natur lernt.
Modellregionen sind nur dann Modellregionen, wenn sie ausstrahlen. Wenn sie dank ihrer Erfahrungen zu Fortschritten in der ganzen Schweiz beitragen können. Philipp Niederberger zeigt, wie die Pärke dies im Tourismusbereich erfolgreich tun. Eine Best-Practice, welche von den Autorinnen und Autoren dieses Buchs immer wieder erwähnt wird, sind regionale Koordination und Kooperation. Fabienne Thomas beschreibt im Energiebereich, wie die Pärke bestehende Zielkonflikte bei den erneuerbaren Energien auflösen. Franziska Grossenbacher sieht die wertvollen Engagements der Pärke, um den Druck auf die Landschaft durch Koordination der Akteure abzumildern. Und Marc Münster beschreibt es auf den Punkt gebracht: Regionaler Mehrwert bedingt einen regionalen Katalysator.
Die Schweizer Pärke verstehen sich als Katalysatoren und wissen mittlerweile sehr gut, wie man als solche Resultate erzielen kann. So beschreibt Patrice Borcard als Präsident eines Parks, wie die strukturierte Arbeit in einem Netzwerk die Effizienz steigert, die Reichweite der Aktionen vergrössert und die Kräfte bündelt. Diesen Hebel brauchen nicht nur die Pärke. Dass man den beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen, insbesondere im dezentral besiedelten Raum, üblicherweise mit der Gründung von Zweckverbänden und mit Gemeindefusionen begegnet, ist nachvollziehbar und stimmig. Die Pärke zeigen aber, dass zusätzlicher Mehrwert entsteht, wenn über Verwaltungssilos hinausgedacht und koordiniert wird.
Die Pärke sind Langzeitlaboratorien. In ihnen wird, wie Emmanuel Reynard feststellt, die Dynamik ihrer Regionen dokumentiert. Und diese unterliegt globalen extrinsischen Faktoren, namentlich natürlich dem Klimawandel. Auch dort, wo es idyllisch und grün ist, so Nana von Feltens Warnung, ist der Klimawandel spürbar – vielleicht sogar noch mehr als in den Grossstädten. Gesellschaft und Politik befinden sich hier inhaltlich noch in einer Lernphase. Die Pärke sollen als Informations- und Sensibilisierungsplattformen vorangehen bei der Verbreitung des Wissens um den Klimawandel und Kommunikationstools und Adaptationsmassnahmen breit zur Verfügung stellen können.
Bei den Zielkonflikten rund um erneuerbare Energie, Tourismus und Landwirtschaft – wo sich Wirtschaft und Landschaftsschutz gegenüberstehen – drehen sich die Diskussionen eher um die Methoden, sprich um die Frage: Wie bringt man die Akteure an einen Tisch, um den gemeinsamen Nenner zu finden? Die Pärke können als Plattform und Vermittler wirken und die Menschen in einer frühen Projektphase abholen – und damit die benötigte Methodik weiterentwickeln und je nach Situation optimieren. Es muss der Anspruch der Pärke sein, dass sie ihr Potential zur Auflösung von Zielkonflikten einbringen können, sobald solche in einem Park oder in grösseren Regionen, in denen sich Pärke befinden, entstehen.
Diesem Anspruch, ein regionaler und überregionaler Player zu sein, versuchen die Schweizer Pärke nachzukommen. Wie gesagt und wie in den Beiträgen zu lesen ist: Nach Kräften und auch an Grenzen stossend. Denn die Pärke sollen vieles sein: eine Plattform, ein Katalysator der Entwicklung, ein Langzeitlabor, ein Imageförderer. Die Autorinnen und Autoren haben aus einer Aussensicht mit ihren Beiträgen die Ansprüche formuliert, die Erfolge beschrieben und die Limiten aufgezeigt. Es gebührt ihnen Dank dafür, dass sie unverblümt und mit weitem Horizont diese Aussensicht eingebracht haben.

Stefan Müller-Altermatt
Stefan Müller-Altermatt
Nationalrat, Präsident Netzwerk Schweizer Pärke




